Ausgewählter Beitrag
Am 2. Advent 2007 erreichte uns dieser Bericht:
Hier meine Geschichte:
Wie kann ich etwas in Worte fassen, was nicht zu fassen ist. Fassungslosigkeit angesichts der Tatsache, dass 16 Jahre meines Lebens eliminiert waren und ich sie erst langsam wieder zusammensetzen kann. Werden Lücken bleiben? Sicher werden Lücken bleiben...nicht nur in meinem Kopf, sondern auch in meinem Bauch und in meinem Herzen.
Ich war vier, da fuhr ich mit meinem Dreirad die Kellertreppe runter, damals stolz es überlebt zu haben.
Ich war sieben, da zwang mein Vater mich, ihm beim Pinkeln zuzusehen.
Ich war acht, da haute ich das erste mal von zu hause ab, wünschte mir nichts sehnlicher als dass die Polizei mich findet. Doch wer mich findet ist ER und ER zeigt mir gleich, wie lieb er mich hat...
Ich bin zehn, da geh ich zum Jugendamt und will mich adoptieren lassen, doch die, die tun es als Scherz ab.
Ich bin zwölf, da "kontrolliert meine mutter meine schamlippen", ob sie normal entwickelt sind
Ich bin zwölf, da beginnt mein Vater eine Affäre mit einem Gynäkologen, er bezahlt ihn und er benutzt mich, ist mein Zuhälter und ich seine Prostituierte...der Typ vergewaltigt mich über Stunden und mein Vater sieht zu. Keiner hat mir die Entscheidung gelassen, wie ich mein erstes Mal habe, ab da jeden Samstag Vatertag...über Stunden erniedrigt, gedemütigt, beschmutzt, vergewaltigt. Zwei Jahre lang bis...
Ich bin 13, da muss meine Mutter zur Schule, ich habe während der Klassenfahrt die Wände mit Kot beschmier, keinen blassen Schimmer warum? Die Antwort weiß alleine ich...hab es nicht anders gelernt als den Kot zum Spielen zu verwenden...
Ich bin 14, da bin ich schwanger, ahnungslos, gefühllos, abgestumpft. Sie treiben das Kind ab und es hat nie existiert, auf keinem Papier, sondern einzig in meinem Bauch und mein Herz? leer
Ich bin 15, da bin ich schwer depressiv, ahnungslos was mit mir ist, höre schwere und tote Musik und spiele mir selber das Lied vom Tod...dann weiß ich lange Zeit nichts.
Ich bin 16, da betrinke ich mich zum ersten Mal und wer mich findet ist ER, ich war in der Kirche und ER zeigt mir im Keller der Kirche, wie lieb er mich hat, dann lange Zeit nichts. Lücken, bilderlos und vollkommen krank. Wohne alleine und schieb voll die Filme.
ER kommt immer wieder zu mir. ER bezahlt immer wieder DAFÜR.
Ich bin 19, da bricht alles zusammen. Ich nehme 20 Tabletten, hab unendlich Angst, dran zu sterben, gehe zum Arzt und werde bewusstlos. Es ist April, ich komm in die Klapse und wer mich rausholt ist ER, zeigt mir immer wieder, wie lieb er mich hat. Trotz allem...
Ich bin 19, es ist September und wieder bricht alles zusammen. 30 Tabletten und Angst, dran zu sterben den Magen ausgepumpt bei vollem Bewusstsein. 4 Wochen Klapse und wer zu mir hält das ist ER \"ich weiß warum du all das getan hast\" und mir nach der Klapse gezeigt, wie lieb er mich hat...Dann habe ich ein Jahr lang Ruhe und dann...
Ich bin 20, wir fahren gemeinsam nach Sylt, nachts kommt ER in mein Zimmer und schläft jede Nacht mit mir...liebevoll zärtlich wie niemals zuvor und zum ersten Mal in all den Jahren habe ich es als lustvoll erlebt...ja ich habe Lust gespürt...
Ich bin 20, einige Wochen später, meine Tage bleiben aus, mein Bauch wird straffer, die Brüste größer und es ist sicher...ich bekomme ein Kind...doch dann...kommt ER abends zu mir in die Wohnung und sagt, ich kann kein Kind bekommen, sagt ER wird mir helfen. ER lässt mir ein heißes Bad ein, ER betäubt mich...ER desinfiziert Stricknadeln, ER führt die Stricknadeln in mich ein...ER trifft das Kind...dann überall Blut ich schwimme im Blut...und mittendrin...ein kleines Menschlein, nicht mal eine hand voll Mensch...ich habe mein Kind gesehen und ich habe noch etwas gesehen...in den augen meines Vaters war blanke Verzweiflung, Panik, Entsetzen, Aussichtslosigkeit. Was ich nicht gesehen habe war Reue, Verantwortung, Mitgefühl.
Ich war 21, da erkrankte ER erneut an einem Gehirntumor und als ER starb, da war ich alleine mit ihm im Zimmer, ich habe sein Nachthemd hochgehoben und mich in Gänze nackt von ihm verabschiedet...das war am 4.August 1997">
Vorgestern Abend habe ich beschlossen, meinem Kind einen Namen zu geben. Bzw. es fing so an, dass eine Freundin aus dem Chat, die in Niedersachsen wohnt, mir erzählt hat, dass es in ihrem Nachbarort eine Gedenkstätte für nichtbeerdigte Kinder gibt. Eine wunderschöne Idee, aber ein Stein kostet dort um die dreihundert Euro. Meine Freundin hat dann schon einen Spendenaufruf gestartet im Forum, bis eine andere herausgefunden hat, dass es eine solche Gedenkstätte auch hier in Düsseldorf am Nordfriedhof gibt und da kostet zumindestens der Stein nichts, aber mit einer Gravur wahrscheinlich doch, also werde ich es mir leider nicht leisten können.
Und so habe ich mir gestern einen Namen überlegt. Da ich ja nicht weiß, ob es ein Mädchen oder ein Junge war, habe ich mich entschieden, meinem Kind einen Doppelnamen zu geben. Und zwar wird der zweite Name Maria sein, da es ja viele Männer gibt, die mit zweitem Namen Maria heißen. Maria steht für die Tapfere. Als ersten Namen habe ich mich für Aron entschieden, denn Aron steht für den Erleuchteten und gerade in Zusammenhang mit diesem grausamen Verbrechen empfinde ich diesen Namen, Aron Maria, als sehr versöhnlich.
Christine
Dies ist nicht der erste und einzige Bericht, der uns in den zehn Jahren seit Gründung unseres Vereines erreichte und vorliegt. Mit Rücksicht auf Inzestopfer, Inzestkinder und Inzestüberlebende, aber auch auf "unbedarfte", sprich unwissende BesucherInnen unserer Homepage haben wir bisher von der Veröffentlichung "solcher" Schilderungen abgesehen. Um aber der Erkenntnisresistenz entgegen zu wirken, was inzestuöser sexueller Missbrauch in der Tat bedeutet, welche Auswirkungen und kriminelle Energien es nach sich zieht, sollte es denen, die sich aus unterschiedlichsten Gründen interessieren, nicht vorenthalten bleiben.
Wir hoffen vor allem, Inzestopfern und ihren dadurch gezeugten, daraus entstandenen (abgetriebenen) oder geborenen Inzestkindern eine Stimme zu geben, das Tabu des Redens zu brechen und das Schweigegebot der Opfer von inzestuöser Gewalt zu beenden.
Selbstverständlich tun wir dies nicht ohne ausdrückliche Einwilligung des Inzestopfers und haben für den obigen Bericht die Genehmigung zur Veröffentlichung hier auf unserer Homepage eingeholt.
Wir wünschen Christine, ihren abgetriebenen Inzestkindern, allen Inzestopfern und ihren geborenen Inzestkindern, dass die an ihnen begangenen Verbrechen nicht ungesühnt bleiben.
Stuttgart, 2. Advent, Dezember 2007
Ulrike M. Dierkes
Wegen mehrfachen sexuellen Missbrauchs eines elfjährigen Mädchens mit den Folgen einer Schwangerschaft ist ein 50 Jahre alter Mann vom Landgericht Stendal zu fünf Jahren Haft verurteilt worden.
Die Richter sahen es als erwiesen an, dass der Mann aus Salzwedel das Kind zwischen Januar und Juli 2006 zehn Mal sexuell missbraucht hat. Die heute Zwölfjährige wurde schwanger, musste im vierten Monat eine Abtreibung vornehmen und lebt seit August vergangenen Jahres in einer Pflegefamilie. Die Staatsanwaltschaft hatte fünfeinhalb Jahre Freiheitsstrafe gefordert, die Verteidigung vier Jahre.