Thema:
Ulrike's Literatur-Empfehlungen
Im Zeitalter der Information und Kommunikation wird es nicht nur immer schwerer, der Flut der täglichen Nachrichten und Schlagzeilen zu folgen, sondern nicht selber Opfer durch eine Manipulation, falsch angewandte Worte, Sprachschlampereien und verbale Schlammschlachten zu werden..
Sprache verrät. Den, der spricht und den, der schweigt. Den, der formuliert und den, der schreibt. Sobald es um sexualisierte Gewalt geht, setzen Schweigen und Sprachlosigkeit ein oder eine Verkehrung der Tatsachen. Ein Täter hatte eine schlechte Kindheit, die ihn zum Täter werden ließ, was ihn entschuldigt, während sein Opfer entwürdigt und infrage gestellt, in der Öffentlichkeit vorgeführt und zerstört wird.
Sprache ist nicht beliebig auswechselbar. Ein Wort ist ein Wort. Eine genaue Bezeichnung. Alles hat einen Namen.
Das Buch der Dipl.-Psychologin Monika Gerstendörfer ist mehr als ein Kampf um verlorene Worte. Es ist ein Arbeitsbuch, ein Sprachbuch, das deutliche Worte spricht und klare Botschaften vermittelt. Es ist ein Buch, das in jede Bibliothek, Schule und Redaktion, auf jeden Schreibtisch gehört. Es sollte als Sprachbibel in allen Bereichen unseres sprachlichen Alltags Pflicht werden. Überall dort, wo Menschen mit Sprache umgehen, beruflich Nachrichten formulieren müssen. In Bereichen, in denen Sprachgeübte täglich um angemessene Worte bemüht sind und manchmal nicht mehr wissen, was sie noch sagen sollen.
Es ist kein Buch, das man "nebenbei durchliest". Es ist ein Buch, das man immer wieder zur Hand nehmen wird. Das Vorwort der Psychotherapeutin Michaela Huber geht fünf komplexen Teilen voraus, die durch unseren sprachgewaltigen Alltag führen und keine Berührungsängste kennen. Anhand praktischer Beispiele sprechen die einzelnen Kapitel verschiedener Themengebiete das aus, was gesagt werden muss. Was längst überfällig ist.
Ungeschönt, ja schonungslos prangern zahlreiche Beispiele die Doppelbödigkeit und Perfidität der Tages- und Sensationspresse, unseres Alltags an. Es ist ein unbequemes Buch, aber leicht zu lesen und zu verstehen, wer dies will.
Wer dies nicht will und danach noch blöd liest, dem wird auch kein anderes Buch helfen. Wer nicht verstehen will, legt wahrscheinlich keinen Wert darauf, verstanden zu werden, wenn´s mal um eigene ganz persönliche Anliegen geht.
© Ulrike M. Dierkes
kids for kids
Die 1990 geborene Mirella Roemer hat ein Buch herausgegeben. Nicht irgendeins, sondern zur UN-Kinderrechtskonvention. Sie rief Kinder aus allen Regionen der Bundesrepublik, der Schweiz und Österreich auf, Texte in unterschiedlichen Formen einzusenden. Es kamen fast hundert Beiträge zusammen, Lyrik und Geschichten aus dem Alltag von Kindern.
Kinderfreundlichkeit.
Kinderrechte. Wohlklingende Schlagworte und leere Worthülsen.
Kinderrechte werden in den meisten Fällen, wenn überhaupt, von
Erwachsenen aufgegriffen und verfolgt, liegen also schon allein daher
in ihren Händen. In der Macht Erwachsener.
1989 hat die UN die Rechte von Kindern in einem Dokument formuliert. 192 Staaten haben diesem Dokument zugestimmt und sich damit den Forderungen verpflichtet.
Ganz
ohne Erwachsene ging es nicht. Die Herausgeberin, Schülerin eines
Gymnasiums, bat Firmen um finanzielle Unterstützung, eine Gemeinde um
Räume für eine Schreibwerkstatt und einen Kinderkanal um Begleitung des
Projektes.
Bevor
die Kinder mit ihren Texten zu Wort kommen, zählt die zum
Erscheinungsdatum des Buches amtierende Bundesministerin für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend, Renate Schmidt die Errungenschaften der
Arbeit dieses Landes. Wer es nicht besser weiss, würde glauben,
Deutschland sei eine gewaltfreie Zone, ein paradiesisches Land. Sind
doch immerhin Behörden, Einrichtungen und Engagierte tagein tagaus
damit beschäftigt, die von der UN formulierten Kinderrechte umzusetzen.
Was also will man mehr?
Mirella
Roemer bringt es in ihrer Einleitung nüchterner und wohl auch
realistisch auf den Nenner: "Seht doch hin! Tut doch etwas!"
Wer
dieses tut, weiss um die Missstände, sobald es um Kinder-und
Menschenrechte geht. Kann aus der Realität berichten. So wie es nämlich
die Teilnehmenden, die Kinder in ihren Texten tun.
Z.B.
Caroline: "Manche Menschen sind nicht gut auf das Thema zu sprechen.
Gleichberechtigung hat für sie keinen Stellenwert, nur ihre eigene
Hautfarbe, Religion, Sitten und Bräuche sind die richtigen."
Oder die Geschichte von Rebecca. Sie schildert in ihrem Text die schlechte Behandlung des türkischen Mädchens Fatima, weil dieses ein Kopftuch trägt.
In
den Texten spiegelt sich das Erlebte wider. Nämlich das Bemühen einer
überforderten Gesellschaft und Politik, die mit gutgemeinten Parolen
wie "Keine Gewalt an Schulen" wahrscheinlich sogar überzeugt sind,
alles getan zu haben.
Alfred
Büngen, der Verleger, formuliert es treffend: "In einer Gesellschaft,
in der das Ideal Schönheit und Gesundheit gilt, in der Krankheit und
Tod weitgehendst ausgeblendet werden, kann es nur eingeschränkt einen
"normalen" Umgang mit Menschen, zum Beispiel mit Behinderungen geben."
Roland
schildert "einen Tag, wie jeder andere", mit Schlägereien, die zum
Schulalltag gehören und Sven von einem Jungen, der immer dicker wird
und deswegen verhöhnt wird.
Geschichten,
von Kindern geschrieben, die von Ausgrenzung, Mobbing, Kinderhandel,
Kindesmisshandlung und einem von Erwachsenen beherrschten und
reglementierten Alltag berichten.
Die Ehrlichkeit dieses gelungenen Buches liegt in der unverblümten Art und Weise, mit der Kinder die Geschehnisse beschreiben. Sie erfinden nichts, brauchen keine Phantasie, sie faseln nicht herum, nehmen keine Rücksicht auf (politische) Interessen, Personen oder Programme.
10
Kapitel widmen sich dem Recht auf Gleichheit, Recht auf Gesundheit,
Recht auf Bildung und Information, Recht auf Freizeit und Erholung,
Recht auf Gedanken- und Meinungsfreiheit, Recht auf gewaltfreie
Erziehung, Recht auf Privatsphäre, Recht auf Schutz im Krieg und auf
der Flucht, Recht auf elterliche Fürsorge, Recht auf Träume.
Jedes
genannte Kapitel wird mit einem Text Prominenter eingeleitet. Dies
müsste nicht sein, wirkt aber nicht störend, weil es sich locker liest.
Wie zum Beispiel Elke Heidenreich "Über Privatsphäre" oder Marietta
Slomka´s Betrachtung über den Luxus des Rechts auf Bildung, Meinung und
Pressefreiheit. Auszüge aus Reinhard Mey´s CD "Menschenjunges" und Rolf
Zuckowsky´s CD "Wir sind Kinder" tragen zur ernsten Unterhaltung des
Themas bei.
Die
Erwachsenenbeiträge hätten nicht sein müssen. Das Buch lebt durch die
Texte der Kinder. Auch ohne Beiträge Prominenter hätte es nichts von
seiner erfrischenden Leichtigkeit und seiner starken Aussagekraft
eingebüßt. Ganz im Gegenteil, die Beiträge der Kinder rufen bei aller
Treffsicherheit Freude hervor. Nämlich Hoffnung auf eine Generation,
die trotz wohlformulierter Sätze einer UN die Missstände und deren
Ursachen durchschaut.
Ein
empfehlenswertes Werk, ideal im Schulunterricht, um an das Thema
Kinder-und Menschenrechte heranzuführen. Soweit dies nötig ist.
Eigentlich müsste es Pflichtlektüre für Erwachsene, vor allen Dingen
PolitikerInnen sein. Bleibt zu hoffen, dass diese die Beiträge der
Kinder auch wirklich gelesen haben oder dieses schleunigst nachholen.
Zur eigenen Fort-und Herzensbildung zum Thema Kinder-und Menschenrechte.
©Ulrike M. Dierkes
kids for kids
Kinder schreiben für Kinder,
damit Erwachsene verstehen
Mirella Roemer (Hrg).
295 S., 12 €
Geest-Verlag, Vechta
ISBN 3-937844-76-7
" style="font-weight:bold;color:#ffffff;font-style:italic;font-size:large">Lara Andriessen
Lara Andriessen schildert in ihrem autobiographischen Roman den sexuellen Missbrauch durch ihren Vater, die Misshandlung durch die Mutter und die Blindheit bzw. Hilflosigkeit des sozialen Umfeldes. Als Kind eines Berliner Polizeibeamten geboren, ist sie vom Babyalter an der Gewalt des Vaters und seiner besitzergreifenden Liebe ausgesetzt. Doch trotz der dramatischen weiteren Stationen dieser Kindheit und Jugend - Leben als Berliner Straßenkind, Heim für schwer erziehbare Mädchen, Ausbruch, Drogen, ungewollte Schwangerschaft und Selbstmordversuch - schafft es Lara, dem Grauen zu entrinnen, sich ein selbstständiges Leben aufzubauen und die schönen Seiten des Lebens zu genießen.
©Ulrike M. Dierkes
Lara Andriessen
Das selbst gewählte Exil
Erfahrungen mit einem autistischen Kind
Eine Frau wird vom eigenen Ehemann vergewaltigt. Das bei dieser Vergewaltigung gezeugte Kind, ein Sohn, wird autistisch geboren. Als weigere es sich, wirklich in dieses Leben zu folgen, lebt es in seiner eigenen Welt. Als sei diese sein einziger, sein eigener Schutz. Für Mutter und Kind beginnt eine Odyssee von Arzt zu Arzt, Einrichtung zu Einrichtung, aber auch Seele zu Seele. Jeder kämpft um seinen eigenen Weg und den gemeinsamen, die eigene Seele und die des anderen. Der Kampf, der eigentlich aussichtslos ist, leitet allmählich und im Laufe all der Jahre zwischen Einsamkeit, Hoffnung und Verzweiflung, Wechselbädern und Rückschlägen eine wundersame Wende ein, die wie ein Wunder anmutet, aber letztlich auf die positive Energie der Frau und Mutter zurückgeht, die nicht aufgibt: Durch ihren und nur durch ihren ganz persönlichen Einsatz, bestehend aus Ausdauer, Disziplin, bedingungsloser Liebe und Zä-higkeit geschieht das Unglaubliche: Der Sohn lernt sprechen, spielen, sich im Alltag zurecht zu finden, schafft die Mittlere Reife und beginnt im Alter von 19 Jahren über seinen eigenen Autismus zu reden.
Lara Andriessen, Jahrgang 1956, drei Kinder, ist mit dieser authentischen Schilderung ein einzigartiges Werk zu einem Thema gelungen, über das man vieles ahnt, doch wenig weiss. Sie hat nicht nur Übermenschliches geleistet und ein scheinbar unabwendbares Schicksal sowohl für sich selbst wie auch ihren Sohn zum Positiven gewendet, sondern mit diesem Buch ein hoffnungsvolles Buch für andere Betroffene, Eltern autistischer Kinder geschaffen. Dafür muss man ihr dankbar sein, ihr gilt höchster Respekt. Ihr ist etwas abseits von medizinischen und psychologischen Erkenntnissen gelungen, was seinesgleichen oft vergeblich sucht.
Das Vorwort der Dipl. Psychologin und Menschenrechtlerin Monika Gerstendörfer fasst das Wunderbare dieses Buches zusammen: “Das Prinzip Hoffnung ist durch diese authentische Geschichte zu neuem Leben erweckt worden!“ Ein Anhang mit Adressen und Hilfen für betroffene Eltern machen dieses Buch zu einem wertvollen Hilfswerk.
(©Ulrike M. Dierkes)
213 Seiten, kartoniert, ISBN 3-929480-60-3
14,80 EUR [D]/26,– sFr
Viele
Menschen möchten in ihrem Leben etwas ändern, aber wie? Wenn man das
Leben als Garten betrachtet, haben wir jeden Tag die Möglichkeit, darin
zu arbeiten, zu gestalten und zu verändern. 14 Übungen begleiten dabei
und leiten an.
Junfermann, 2005.
ISBN 3-87387-582-9
Euro 15,90
21.03.2008, 18.37 | (0/0) Kommentare | PL